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#9 Jürgen Kaube

#9 Jügern Kaube: Die Anfänge von allem

von Dominik Erhard

Am Beginn dieses Buches steht eine These, die zunächst halb im Scherz daher­kommt: »Wir sind nicht die Krone der Schöpfung«, schreibt Jürgen Kaube in Die Anfänge von allem, »wir sind einfach nur seltsam«

Am Beginn dieses Buches steht eine These, die zunächst halb im Scherz daher­kommt: »Wir sind nicht die Krone der Schöpfung«, schreibt Jürgen Kaube in Die Anfänge von allem, »wir sind einfach nur seltsam«. Ein Gedanke, den der Heraus­geber der Frankfurter Allge­meinen Zeitung im Anschluss auf knapp 400 Seiten mit subtilem Humor und durch­dringender Klarheit plausi­bilisiert. Dabei begibt er sich nicht auf die vergeb­liche Suche nach definitiven Zeit­punkten in der Menschheits­geschichte, an denen sich so verschie­dene Anfänge wie jener des auf­rechten Gangs, der Mathe­matik oder der Mono­gamie von 0 zu 1 in die Welt setzten, sondern lässt Unwäg­barkeiten zu.
Ob sich die Sprache oder das mensch­liche Gehirn, wie wir es seit gut 300.000 Jahren an­neh­men, zuerst ausbildete? Keiner weiß es. Und die, die dabei waren, hätten wir wohl auch gar nicht so recht verstanden. Vermut­lich, so die aktuelle Forschung, gab es eine Ko-Evolution zwischen einer stetig eiweiß­reicheren Ernäh­rung und der wachsen­den Notwen­digkeit, die Jagd aufgrund veränderter Klima­bedingungen in Gruppen zu orga­ni­sieren. Da man sich über immer komplexere Sach­verhalte aus­tauschen wollte, stieg der Bedarf an Proteinen, was wiederum zu neuen mentalen Kapazi­täten führte. Aminosäuren und Alliterationen, Ballaststoffe und Balladen, Salz und Sonette. Das alles ist eine Geschichte.
Nicht weniger erhellend die Folgen, welche die Erfin­dung der Schrift laut Kaube für die Komple­xität aller folgen­den Erzäh­lungen hatte. Homers Odyssee soll ein mündlich über­lieferter Gesang gewesen sein? Unmöglich! – meint der Autor. Erst durch eine zuhan­dene Fixierung wäre eine solche Fülle an Figuren, Motiven und Orten über­haupt denkbar gewesen. (Im wahrsten Sinne des Wortes.)
Doch all den hervor­ragend eingear­beiteten Fakten zum Trotz, denen man auf der Reise zu den Anfängen von allem begegnet, bleibt das mit Abstand größte Ver­dienst des Buchs, uns den Blick auf das freizu­geben, was wir selbst tatsäch­lich sind: nämlich einfach seltsam. Gehen Sie morgen einmal aus dem Haus und sehen Sie sich um. Wir sind wahrlich eine eigen­tümliche Spezies mit unseren Kopf­hörern, Berufen und beson­ders mit dem uns inhärie­renden Drang, immer wieder Neues in Angriff zu nehmen, manches zu verwerfen und Gutes zu verfolgen.

Text: Jürgen Kaube, Die Anfänge von allem (Rowohlt 2017)

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#9 Jürgen Kaube: Die Anfänge von allem

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